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Lebensarbeitszeitkonto: Funktionsweise und rechtliche Grundlagen

Ein Lebensarbeitszeitkonto – auch Langzeitarbeitskonto oder Zeitwertkonto – ist eine Sparform, welches Beschäftigen eine längere Freistellung ermöglicht, bei der sie dennoch sozialversichert bleiben.

Es kann sich dabei um mehrere Wochen oder gar Monate am Stück handeln. Von diesem Konto kann also beispielsweise ein Sabbatical finanziert werden.
Gesetzlich geregelt wird das Lebensarbeitszeitkonto durch das Sozialgesetzbuch. Dort wurde 1976 die Wertguthabenvereinbarung (SGB IV, § 7b) festgeschrieben.

Folgende Regeln müssen erfüllt sein, damit eine solche Vereinbarung vorliegt:

1. Es muss eine schriftliche Vereinbarung getroffen sein.
2. Die Vereinbarung darf sich nicht auf die flexible Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit beziehen oder      betriebliche Produktionszyklen ausgleichen.
3. Das Wertguthaben wird in Zeiten der Freistellung aus dem Arbeitsentgelt finanziert.
4. Es muss aus einer vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung aufgebaut werden.
5. Das ausgezahlte Arbeitsentgelt darf nicht unter der Geringfügigkeitsgrenze lieben, es sei denn, die Arbeit wurde bereits vorher als geringfügige Beschäftigung ausgeübt.
6. Das Guthaben muss gegen Insolvenz geschützt sein.

Mit einer solchen Vereinbarung können Beschäftigte Wertguthaben aus ihrem Arbeitsentgelt ansparen, verzinsen und im Falle einer betrieblichen Auszeit wie ein Gehalt auszahlen lassen.
Sollte das Guthaben aus dem Lebensarbeitszeitkonto bei Eintritt in die Rente nicht verbraucht worden sein, kann es als betriebliche Altersversorgung ausgezahlt werden.

Wie kann eingezahlt werden?

Eingezahlt werden kann in zwei Hauptkategorien: Zeit und Geld. „Zeit ist Geld.“ Dieses alte Sprichwort ist in der Regelung für diese Sparform auch gesetzlich verankert worden. Seit dem 1. Januar 2009 darf bei dieser Anlageform nur Guthaben in Form von Geld angespart werden.

Vorher war es auch üblich, das Konto mit Zeitguthaben zu führen. Wollen Sie dennoch Zeit auf Ihr Konto einzahlen, beispielsweise aus nicht abgebauten Gleitzeiten oder Urlaubsansprüchen, muss diese vorher in Geld umgerechnet werden und auch in dieser Form eingezahlt werden.

Einzahlungsoptionen in Zeitwerten können geleistete Überstunden, vertraglich vereinbarte Mehrarbeit oder nicht in Anspruch genommene Urlaubstage sein, soweit es sich hier nicht um den gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub handelt.
Diese zeitlichen Einzahlungen werden in Geldwert umgerechnet und als solcher dann auch ausgezahlt.

Es kann aber auch gleich Geld angespart werden. So kann ein bestimmter Betrag vom laufenden Entgelt abgezogen werden. Oder es können einmalige Zahlungen aus Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Tantiemen geleistet werden. Auch Jubiläumsleistungen und Prämien können als sogenannte sonstige Entgeltbestandteile eingezahlt werden.

Lebensarbeitszeitkonto Vorteile

Ganz klar ist der Vorteil, dass Beschäftigte für die Dauer ihrer Auszeit sozialversicherungsrechtlich abgesichert bleiben. Die Einzahlungen sind für die Dauer des Ansparens steuer- und sozialversicherungsfrei. Wird das angesparte Guthaben dann ausgezahlt, werden dafür die üblichen Steuern und Sozialabgaben fällig. Der Nettobetrag wird wie ein normales Gehalt an den Mitarbeiter ausgezahlt. So entsteht für Beschäftigte während der Freistellungsphase keine Versicherungslücke.

Bei Wechsel des Arbeitgebers kann das Konto auf die neue Stelle übertragen werden, sofern im neuen Unternehmen diese Praxis anerkannt wird. Anderenfalls besteht auch die Möglichkeit, das Geld in der Deutschen Rentenversicherung zu belassen. Dort kann es dann allerdings erst für den Ruhestand genutzt werden.
Wird das Konto im Falle eines Vorruhestandes aufgelöst, spart das dem Unternehmen Personalkosten für die Vorruhestandsregelungen. Im Todesfall ist das Guthaben auch vererbbar.

Die Aussicht auf Sabbaticals, einen Bildungsurlaub oder auch einen früheren Ruhestand sind beliebte Motivationsanreize für Mitarbeiter.

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Lebensarbeitszeitkonto gegen Insolvenz geschützt ist. Hierfür hat der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten. Es kann beispielsweise eine Rückdeckungsversicherung an den Arbeitnehmer verpfänden oder eine Sicherungstreuhand einrichten lassen. Wichtig ist, dass im Falle einer Insolvenz kein Verlust im angesparten Guthaben entsteht.

Lebensarbeitszeitkonto Nachteile

Die Einzahlungen in diese Art Langzeitkonto reduzieren natürlicherweise dauerhaft die Bezahlung im laufenden Betrieb. Das Entgelt darf dabei aber nicht unter die Beitragsbemessungsgrenze fallen.

Das Geld für eine längere Auszeit muss vom Beschäftigten selbst angespart werden. Dabei sollte jeder individuell prüfen, ob sich das überhaupt lohnt oder nicht andere Sparformen lukrativer wären. Das Ansparen von „Lebenszeit“ für eine längere Auszeit „irgendwann“ ist kein sicher geeignetes Mittel, um die alltägliche Work-Life-Balance zu verbessern.

Um ein derartiges Langzeitkonto überhaupt führen zu können, ist eine genaueste Zeiterfassung notwendig. Doch gerade in diesem Punkt entwickelt sich die Arbeitswelt immer mehr in eine andere Richtung.
Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit hat in vielen Unternehmen inzwischen einen festen Platz. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal zusätzlich befeuert.
Arbeitnehmer wollen sich ihre Zeit selbst einteilen und lehnen starre Schichtsysteme immer mehr ab.

Im Gegensatz dazu muss aber bei einem Lebensarbeitszeitkonto jede Minute genau erfasst werden. Die Umrechnung der angesparten Zeit in Geld ist gesetzlich vorgeschrieben. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten sind dabei streng einzuhalten. Abends nochmal schnell die Mails checken? Das kann dann zum Problem werden, wenn der morgendliche Arbeitsbeginn dann nicht mindestens 11 Stunden später ist.

Fazit

Sabbatical und Co. sind in großen Unternehmen bereits seit Jahren etabliert. Aber auch der Mittelstand entdeckt diese Art der Freistellungsmöglichkeit mehr und mehr. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind Arbeitgeber deutlich eher bereit, ihren Beschäftigten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen entgegenzukommen.

Kaum ein Unternehmen kann es sich noch leisten, qualifizierten Fachkräften im Wunsch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen nicht entgegenzukommen. So gibt es inzwischen etliche Modelle, aus denen Mitarbeiter wählen können. Das klassische Zeitkonto, aus dem Überstunden abgefeiert werden konnten, hat in vielen Fällen Langzeit-Modellen, wie dem Lebensarbeitszeitkonto Platz gemacht.

Da der rechtliche Hintergrund und die Organisation eines Lebensarbeitszeitkontos einen erheblichen Aufwand bedeuten, werden sie eher in größeren Unternehmen eingesetzt. Arbeitnehmer profitieren von einer guten Rendite, sind gegen Insolvenz-Verluste geschützt und können langfristig planen.
Stimmen die Rahmenbedingungen, hat ein Lebensarbeitszeitkonto Vorteile, welche die Nachteile deutlich überwiegen.