Genehmigten Urlaub streichen: Ist das erlaubt?
Normalerweise können Arbeitnehmer die genehmigten Urlaubstage wie geplant in Anspruch nehmen. Selbst personelle Engpässe lösen in der Regel keine Arbeitspflichten aus. Allerdings gibt es spezielle Notlagen, in denen der Chef den genehmigten Urlaub streichen kann. Nachfolgend er erfahren Sie, wann Sie auf Ihren Urlaub verzichten müssen und wer die Kosten für die geplatzte Reise übernimmt.
Urlaubswünsche: Wovon hängt die Genehmigung des Arbeitgebers ab?
Im Bundesurlaubsgesetz ist genau geregelt, wie viele Urlaubstage ein Arbeitnehmer mindestens in Anspruch nehmen kann. Trotzdem gibt es Fälle, in denen der Arbeitgeber die Genehmigung verweigern darf. Grundsätzlich werden keine halben Urlaubstage genehmigt. Ferner wird kein Kurzurlaub erteilt. Damit sich der Arbeitnehmer während des Urlaubes erholen kann, sollen laut § 7 Abs. 2 BUrlG mindestens zwölf Urlaubstage zusammenhängen. Aufgrund beruflicher oder privater Gründe kann es hier aber zu Ausnahmen kommen.
Abgesehen von diesen gesetzlichen Grenzen gibt es vor allem soziale Gesichtspunkte, die auf die Genehmigung des Urlaubs Einfluss nehmen. Der Arbeitnehmer darf die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter ablehnen, wenn die Interessen der Kollegschaft vorrangig zu bewerten sind.
Diese sozialen Aspekte stehen bei der Urlaubsplanung im Vordergrund:
- Kinder im schulpflichtigen Alter
- Die Urlaubsplanung des Ehepartners
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Rückblick auf die Urlaubsregelung in den letzten Jahren
Beispiel: Obwohl Frau Meier einen elf-jährigen Sohn hat, kann der Urlaubswunsch von Herrn Otto vorrangig sein, weil seine Ehefrau nur in den Sommerferien frei bekommt und er dem Betrieb schon doppelt so lange wie Frau Meier angehört. Demgegenüber muss ein kinderloser Azubi damit rechnen, dass er nicht zur selben Zeit wie Frau Meier Urlaub nehmen kann.
Bei der Genehmigung findet also eine Abwägung der Interessen statt. Je nach Betriebsgröße sind verschiedene Personenkreise (Arbeitgeber, Betriebsrat, Personalrat, Mitarbeitervertretung) in die Entscheidung involviert. In die Entscheidung, ob dem Arbeitnehmer die beantragen Urlaubstage zugesprochen werden, fließen auch betriebliche Belange ein.
Diese Gründe führen dazu, dass der Chef den Antrag auf Urlaub ablehnen kann:
- Betriebliche Überlastung, beispielsweise durch einen Großauftrag
- Krankheitswelle im Unternehmen
- Personeller Engpass aufgrund von Kündigung
- Saisonarbeit und Kampagnenzeiten
- Drohende Produktschäden
- Inventur usw.
Im Grunde genommen gibt es nur eine einzige Situation, in der der Arbeitgeber zwingend eine Genehmigung erteilen muss. Der Arbeitnehmer hat kein Ablehnungsrecht, wenn der Urlaub in den Zeitraum nach einer medizinischen- oder Rehabilitationsmaßnahme fällt. In allen anderen Fällen bietet der Chef dem Mitarbeitenden im Falle einer Ablehnung einen alternativen Zeitraum für seine Urlaubsplanung an. Die Selbstbeurlaubung, also das Fernbleiben ohne Genehmigung, ist rechtlich gesehen nicht erlaubt. Wer der Arbeit unerlaubt fern bleibt, riskiert die Kündigung.
Urlaub streichen – ist das überhaupt erlaubt?
Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er seinen bereits genehmigten Urlaub zum geplanten Zeitpunkt antreten kann. Der Arbeitgeber darf seine Entscheidung bezüglich der Urlaubswünsche nicht grundlos revidieren. Selbst die Tatsache, dass die Urlaubsplanung aus betrieblicher Perspektive problematisch ist, führt nicht automatisch dazu, dass er den Urlaub streichen kann.
Die nachfolgenden Beispiele stellen den Arbeitgeber zwar vor organisatorische Herausforderungen. Trotzdem dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren genehmigten Urlaub nach wie vor in Anspruch nehmen.
Den bereits genehmigten Urlaub aus betrieblichen Gründen streichen – in diesen Situationen ist das nicht erlaubt:
- Gewöhnlicher personeller Engpass
- Ungewöhnlich gute Auftragslage
- Saisonale Mehrarbeit
- Sonstige Gründe
Allerdings gibt es extreme Ausnahmefälle, in denen der Chef den Urlaub trotz voriger Genehmigung streichen kann:
- Schweres Naturunglück
- Krankheitswelle, Pandemie
- Produktionsausfälle aufgrund von hohem Personalausfall usw.
Entscheidend ist, dass dem Unternehmen ein unvorhergesehener, existenzgefährdender Schaden droht, wenn der Arbeitnehmer seinen geplanten Urlaub in Anspruch nimmt. Außerdem darf der Chef den Urlaub nur streichen, wenn der Arbeitnehmer den Erholungsurlaub noch nicht angetreten hat und er keine andere Lösung finden kann. Dementsprechend muss der betreffende Mitarbeiter so eine tragende Rolle spielen, dass er das Unternehmen durch seinen Verzicht auf den Urlaub retten kann.
Allgemeine Klauseln im Arbeitsvertrag, die den Mitarbeiter im Falle eines betrieblichen Notfalls zum Urlaubsabbruch verpflichten, sind übrigens nicht erlaubt.
Urlaub gestrichen – und nun?
Welche Rechte und Pflichten haben Sie, wenn Ihr Chef den bereits genehmigten Urlaub canceln will?
Szenario 1: Zukünftiger Urlaub wird gestrichen
Sie müssen auf Ihren Erholungsurlaub verzichten, wenn der Arbeitgeber den Urlaub vor dem Urlaubsantritt streichen will. Sofern Ihr Chef in eine berufliche Notlage geraten ist, müssen Sie den frühzeitigen Urlaubsausfall also akzeptieren. Wenn Sie den Urlaub trotzdem antreten, fehlt Ihnen die betriebliche Genehmigung. Ihr Arbeitgeber könnte darauf seinerseits mit einer Abmahnung reagieren. Genau genommen ist der Antritt einer nicht genehmigten Reise sogar verhaltensbedingter Kündigungsgrund.
Szenario 2: Gegenwärtiger Urlaub wird gestrichen
Wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter zum Abbruch des bereits angetretenen Urlaubs bewegen will, sieht die rechtliche Lage anders aus. Der Chef kann den Urlaub nicht mehr einseitig streichen, sobald die Urlaubsphase begonnen hat. Der Arbeitnehmer hat also das Recht, seinen Urlaub fortzuführen. Er hat aber auch die Möglichkeit, freiwillig in den Betrieb zurückzukehren.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, vor der überstürzten Heimkehr ein klärendes Gespräch (mit dem Betriebsrat oder dem Chef) zu führen. Es ist wichtig, dass für alle Regelungspunkte eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann.
Während Sie im Urlaub sind, können Sie jedoch selbst entscheiden, ob Sie die Kommunikationswege (Anrufe, Textnachrichten etc.) nutzen wollen. Sie dürfen die Nachrichten Ihres Arbeitgebers sogar ignorieren, weil während Ihrer genehmigten Freizeit keine Pflicht zur Erreichbarkeit besteht. Außerdem sind Sie nicht dazu verpflichtet, dem Chef Ihren Aufenthaltsort mitzuteilen.
Bei nicht zu lösenden Streitigkeiten hat der Arbeitnehmer zusätzlich die Möglichkeit einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen. Das Arbeitsgericht muss dann entscheiden, ob der Chef den Urlaub streichen beziehungsweise ob der Mitarbeiter seinen Urlaub antreten oder fortsetzen kann.
Wer trägt die Kosten?
Angenommen, der Arbeitgeber konnte den Urlaub rechtsgültig streichen. Wer kommt nun für die bereits erbrachten Kosten auf? Wenn Sie den Urlaub aufgrund einer betrieblichen Notlage canceln müssen, muss Ihr Chef die Kosten übernehmen. Das bedeutet also, dass er etwaige Stornogebühren, Mehrkosten durch die Umbuchung und die Rückreise ersetzen muss. Im Zweifel dehnt sich die Erstattungspflicht des Arbeitgebers sogar auf die Kosten der mitgereisten Familienangehörigen des betroffenen Mitarbeiters aus.