Wiedereingliederung nach Krankheit: Ablauf, Rechte & Pflichten
Wenn Sie als Arbeitnehmer länger krank waren, ist vor Ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz eine stufenweise Wiedereingliederung erforderlich. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie als Mitarbeiter bei der Wiedereingliederung nach Krankheit zu beachten haben und welche Aufgaben und Pflichten Ihr Arbeitgeber hat.
Wiedereingliederung: Das Wichtigste in Kürze
Die stufenweise Wiedereingliederung verhilft Ihnen als Arbeitnehmer zu einem erfolgreichen Wiedereinstieg, wenn Sie dem Arbeitsplatz durch eine Krankschreibung länger ferngeblieben sind. Es gibt für die Wiedereingliederung nach Krankheit das „Hamburger Modell“ und das „betriebliche Eingliederungsmanagement“. Das Hamburger Modell ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber freiwillig. Das betriebliche Eingliederungsmanagement hingegen greift automatisch nach mindestens sechs Wochen Krankheit.
Was verstehen wir unter der Wiedereingliederung nach Krankheit?
Bei der Wiedereingliederung handelt es sich um einen Prozess nach einem Stufenplan, der schon beginnt, wenn Sie noch arbeitsunfähig sind. Dieser Wiedereingliederungsplan beinhaltet das sukzessive Aufstocken der Arbeitszeit. Wenn Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber auf das Hamburger Modell einigen, läuft die Wiedereingliederung freiwillig ab. Allerdings brauchen Sie hierfür nicht nur die Zustimmung des Arbeitgebers, sondern auch der Krankenkasse. Schwerbehinderte können eine Wiedereingliederung auf der Basis des Hamburger Modells einfordern.
In der Regel beginnt die Wiedereingliederung mit zwei Stunden Arbeit pro Tag. Diese Arbeitszeit wird dann allmählich erhöht. Der Rhythmus hierfür liegt bei ein bis zwei Wochen und richtet sich nach Ihrem Gesundheitszustand laut Einschätzung durch Ihren Arzt und auch nach den betrieblichen Gegebenheiten. Diese ein bis zwei Wochen betreffen nicht die Gesamtdauer der Wiedereingliederung, sondern die Zeitspanne, nach der die tägliche Arbeitszeit in Stufen erhöht wird. Für Ihren Arbeitgeber sind Sie während der Wiedereingliederung offiziell arbeitsunfähig. Daher darf der Arbeitgeber Ihre Arbeitszeit nicht zum Zweck der Lohnabrechnung erfassen. Dennoch erfolgt selbstverständlich eine Abstimmung der Arbeitszeiten mit dem unmittelbaren Vorgesetzten und der Personalabteilung.
Wiedereingliederung: Voraussetzungen für Arbeitnehmer
Durch die Wiedereingliederung nach Krankheit entsteht ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber. Aus juristischer Sicht sind Sie als Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig. Es entstehen Ihnen keine versicherungsrechtlichen oder sonstige finanziellen Nachteile. Bei den Voraussetzungen für die erfolgreiche Wiedereingliederung ist am wichtigsten, dass Sie Ihre Tätigkeit in einem begrenzten Umfang wieder aufnehmen können. Die Entscheidung hierüber treffen Sie vor Beginn der Maßnahme gemeinsam mit Ihrem behandelnden Arzt. Der Wiedereingliederungsplan muss außerdem berücksichtigen, dass sich die Krankheit durch die stundenweise Arbeit verschlimmern könnte. Daher sind am Arbeitsplatz Maßnahmen zu treffen, die dieses Rückfallrisiko verringern, wobei die stufenweise Erhöhung der Arbeitszeit zu beachten ist. Beruht die Krankheit auf einem Unfall mit Verletzungen, die Sie so beeinträchtigen, dass Sie Ihre bisherige Tätigkeit nicht weiterführen können, dann müssen Sie gemeinsam mit Ihrem der Arzt und Arbeitgeber klären, ob der Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz sinnvoll und möglich ist.
Die Maßnahme kann auch im Rahmen des EBM (Betriebliches Eingliederungsmanagement nach SGB IX) durchgeführt werden, wenn Sie als Arbeitnehmer über sechs Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig waren und mithin Krankengeld bezogen haben, auch wenn sich diese sechs Wochen auf mehrere Perioden innerhalb des Jahres verteilen. Beim EBM werden die Arbeitsbedingungen so angepasst, dass die Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt. Ausfälle oder Verschlechterungen und damit eine Arbeitsunfähigkeit sollen vermieden werden. Es können dazu auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und begleitende Hilfen für das Arbeitsleben gehören. Das EBM wird zwar meistens in der beschriebenen Form mit einer stufenweisen Erhöhung der Arbeitszeit durchgeführt, jedoch muss diese nicht zwingend im Wiedereingliederungsplan fixiert werden. Dies sieht nur das Hamburger Modell nach § 74 SGB V vor. Hier schreibt der Wiedereingliederungsplan genau den Beginn der Wiedereingliederung mit zwei Stunden täglicher Arbeit vor.
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, das EBM nach SGB IX und Schwerbehinderten auch das Hamburger Modell nach § 74 SGB V anzubieten, wenn die betroffenen Mitarbeiter in einem Zeitraum von 12 Monaten arbeitsunfähig waren. Es muss sich nicht um ein Kalenderjahr handeln. Die sechs Wochen können sich auch auf die 12 Monate verteilen.
Krankengeld während der Wiedereingliederung
Da Sie während Ihrer Wiedereingliederung nach Krankheit noch offiziell arbeitsunfähig sind, zahlt Ihnen die Krankenkasse Krankengeld in Höhe von 70 Prozent Ihres Bruttoverdienstes. Diese Regelung gilt für gesetzliche Versicherte. Sind Sie privatversicherter Arbeitnehmer mit einem Tarif, der Ihnen Krankentagegeld auf unbegrenzte Zeit gewährt, erhalten Sie dieses je nach Ihrem Tarif, aber nicht nach Ihrem Bruttoverdienst. Sollte der Wiedereingliederung nach Krankheit eine Rehabilitation vorausgegangen sein und die Maßnahme innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der Reha beginnen, zahlt die Rentenversicherung ein Übergangsgeld, bis die Wiedereingliederung abgeschlossen ist. Den entsprechenden Antrag an die Rentenversicherung stellt die Rehaeinrichtung.
Ablauf der Wiedereingliederung nach Krankheit
Die Stufen der Eingliederung besprechen Sie und die Personalabteilung sowie Ihr unmittelbarer Vorgesetzter gemeinsam. Auch der Arzt muss eingebunden werden, weil Sie als Betroffener nicht genau wissen, wie belastbar Sie sind. Sie sollten sich während der Eingliederung beobachten und die Belastung stufenweise erhöhen. Leistungsschwankungen und Erschöpfungszustände wären nach einer langen Krankheit normal. Empfehlungen für die berufliche Wiedereingliederung kommen nicht nur vom behandelnden Arzt, sondern auch vom Betriebsarzt und in großen Unternehmen auch vom Betriebsrat und dem Betriebssozialarbeiter. Der Wiedereingliederungsplan legt folgende Punkte fest:
- Beginn und Ende der Maßnahme
- Dauer und Art der einzelnen Stufen
- Art der Tätigkeiten und zulässigen Belastungen während der Maßnahme
- begleitende Maßnahmen am Arbeitsplatz
- Rücktrittsrecht und mögliche Gründe für einen vorzeitigen Rücktritt von der Maßnahme
Danach beginnen Sie als Arbeitnehmer zum festgelegten Termin mit der Wiedereingliederung nach Krankheit. Die Stufen der Eingliederung müssen unter Umständen an Ihre Möglichkeiten angepasst werden.
Eine Wiedereingliederung nach Krankheit kann sechs Wochen bis sechs Monate dauern. Auf Antrag lässt sich die Dauer nochmals um sechs Monate verlängern, wenn medizinische Gründe dafür sprechen. Dabei ist zu beachten, dass Sie während Ihrer Wiedereingliederung keinen Urlaubsanspruch haben, denn Sie sind offiziell arbeitsunfähig. Jedoch sammeln Sie einen Urlaubsanspruch an.
So beantragen Sie eine Wiedereingliederung nach Krankheit
Den Antrag stellen Sie beim Träger Ihrer Rehabilitation. Das können die Rentenversicherung, aber auch die Kranken- oder Unfallversicherung sein. Arbeitgeber werden diesen Antrag regelmäßig unterstützen, doch es gibt auch Verbände, welche bei der Beantragung helfen. Zu nennen wären vor allem:
- EUTB (Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung)
- Sozialverband VdK Deutschland
- Sozialdienst am Wohnort
Fazit
Die Wiedereingliederung nach Krankheit ist eine geeignete Maßnahme, um Mitarbeitende nach einer längeren Krankheit stufenweise wieder ins Berufsleben zurückzuführen. Die meisten Arbeitgeber kooperieren sehr gut mit den betroffenen Arbeitnehmern und helfen beim Erstellen eines Stufenplans. Im Zweifelsfall können Sie als Arbeitnehmer aber auch auf Ihren Rechtsanspruch auf Wiedereingliederung pochen.