Arbeitgeberbewertungen im Internet – kann man ihnen vertrauen?
Mit der Ermöglichung, Arbeitgeberbewertungen im Internet abzugeben, wurden Unternehmer dem Volke quasi zum Fraße vorgeworfen. Bewertungen und Erfahrungsberichte erlauben es (ehemaligen) Mitarbeitern eines Betriebes, ihre Meinung über ihn der ganzen Welt zu präsentieren. Parallel dazu können Sie als potenzielles Personal der Zukunft sich ein erstes Bild verschaffen. Doch wirft man erst einmal einen genaueren Blick auf solche Bewertungsplattformen, stellt man sehr rasch fest: Der überwiegende Anteil der Bewertungen umfasst höchstens drei Sterne und die Erfahrungen scheinen eher mäßig positiv bis schlecht.
Mit einem nicht ganz so blauäugigen Blick auf die Angaben kommt man ins Überlegen: Wieso geht ein Unternehmen bei der Anhäufung dieser Bewertungen nicht dagegen vor? Immerhin wirken sich diese auf die eigene Kundschaft aus. Ebenso wie Sie als beruflicher Interessent informieren sich Kunden; etwa um zu entscheiden, ob eine Kooperation sich lohnt. Die Problematik ist so einfach erklärt wie auch realistisch nachvollziehbar: Die betroffenen Firmen haben mit den Problemen des Internets zu kämpfen. Jeder kann Arbeitgeberbewertungen im Internet abgeben, gute wie schlechte, selbst aus reinem Vergnügen. Auch wenn der Bewertende mit dem Betrieb nichts zu tun hat; denn die Plattformen selbst überprüfen in aller Regel nicht, wer hinter einer Bewertung steckt.
Wenn Sie eine Arbeitgeberbewertung lesen, dürfen Sie diese aus eben diesem Grund nicht übertrieben ernst nehmen. Außerdem sollten die Meinungen anderer bei Ihrer eigenen Entscheidungsfindung nicht prioritär sein. Menschen der Moderne sind eher Kritik ausgesetzt, anstatt einem Lob; und das geben sie weiter und zurück. Im Allgemeinen pflegen wir beim Bewerten denselben Umgang, mit dem wir durch Vorgesetzte während der Arbeit konfrontiert sind; es kommt zu Rachegelüsten. Und wie könnte man diese besser stillen als durch eine öffentlich und weltweit einsehbare Arbeitgeberbewertung im Internet?
Lob vs. Kritik: Wieso die Statistik der Arbeitgeberbewertung nicht stimmen kann
Bewertungsplattformen werden also zum Einen als Frustplattform missbraucht. Nicht selten finden sich Beleidigungen, Beschimpfungen, teilweise Drohungen; bis hin zur Erpressung. Dass solche Inhalte nicht ernst zu nehmen sind und noch weniger mit einer sachlichen Arbeitgeberbewertung zu tun haben, ist selbsterklärend. Fakt ist aber auch, dass sie keine Seltenheit sind – und einen Algorithmus, der Ihnen nur seriöse Angaben herausfiltert, gibt es bisher nicht. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als sich durch die Kommentare zu kämpfen, wenn Sie am Unternehmen interessiert sind.
Das ist aber noch nicht alles: Den Firmen selbst sind im Falle von schlechten Bewertungen oder Fakes nicht die Hände gebunden! Je nach Plattformen können sie bestimmte Bewertungen gegen eine Gebühr entfernen lassen. Auf manchen Seiten durchlaufen die Kommentare wiederum eine Art Filter und werden nur veröffentlicht, wenn kein persönlicher Angriff herauszulesen ist. Und obendrauf tauchen immer öfter Bewertungen von hochrangigen Mitarbeitern auf, die das Bedürfnis haben, die schlechten Bewertungen in den Schatten zu stellen. Eine weitere Möglichkeit, um gegen solche aktiv vorzugehen, ist, gute Bewertungen einfach einzukaufen. Personen, die diese Bewertungen verfassen, werden einfach dafür bezahlt, ohne tatsächlich Arbeitnehmer des Unternehmens gewesen zu sein. Ein Teufelskreis.
Übrigens, ein kleiner Side-Tipp: Wenn jemand sich tatsächlich für das Bewerten von Firmen bezahlen lässt, kommt man dieser Person ziemlich einfach auf die Schliche. Mit ein wenig Wissen über IT stellt man nämlich fest, dass ausgerechnet von seiner IP-Adresse überdurchschnittlich viele Bewertungen ausgehen – und mehr als zwei Arbeitgeber in einem Jahr ist schon als kritisch anzusehen. IP-Adressen lassen sich in den meisten Fällen ganz einfach von jedermann abfragen.
Echte Arbeitgeberbewertungen im Internet von Fakes unterscheiden
Um Fakebewertungen tatsächlich auf den Leim zu gehen, achten Sie bei der Durchsicht vor allem auf deren Sachlichkeit und Inhalt. Jemand, der bei jeder Gelegenheit nur die schlechtesten Urteile hinterlässt, kann nicht von sachlicher Beurteilung der einzelnen Aspekte sprechen. Dass er sich unterbezahlt fühlt, bedeutet schließlich nicht automatisch, dass der Kantinenmitarbeiter schlecht kocht oder die Kollegen permanent unfreundlich sind. Verschiedene Angaben – etwa vier Sterne für die Kantine und zwei Sterne für die Lohn- bzw. Gehaltshöhe – machen hingegen schon deutlicher, dass jemand sich mit den einzelnen Punkten auch wirklich auseinandergesetzt hat.
Oft können an Arbeitgeberbewertungen im Internet auch Kommentare oder Anmerkungen beigefügt werden. Wer ehrlich seine Meinung kundtut, achtet auf Formulierung und Verständlichkeit, ohne jemanden zu beleidigen oder persönlich anzugreifen. Einige Plattformen veröffentlichen beispielsweise keine zusätzlichen Kommentare, wenn sie der Überzeugung sind, es werde jemand angefeindet (etwa, wenn Namen genannt werden – oder Positionsbezeichnungen). Jedoch können auch übertriebenes Lob und die Anhäufung von Superlativen Anzeichen eines Fakes sein (siehe Fakebewertungen von hochrangigen Mitarbeitern). Dann tauchen plötzlich phasenweise vermehrt positive Höchstbewertungen auf, die an sämtlichen bisher neutralen Bewertungen vorbeigehen; nach einer Zeit nehmen diese aber wieder ab.
Ein kleiner Ratschlag: Wenn Sie als interessierter und zukünftiger Bewerber Bewertungen als Entscheidungsfaktor heranziehen, dann sollten Sie dafür jene wählen, die inhaltliche Substanz aufweisen.
Sicherheit, Einfachheit, Kontrolle und Wirkung
Eine der wohl größten Herausforderungen im Zeitalter des Internets ist, dass quasi jeder ganz einfach irgendwelche Pseudobewertungen abgeben kann. Selbst Menschen, die mit dem Betrieb selbst nie auch nur ansatzweise etwas zu tun hatten, geschweige denn, dass sie dort arbeiteten. Ist Ihnen also Ihre Zukunft wichtig, sollten Sie in späterer Folge – wenn Sie selbst in der Situation sind, Ihren Arbeitgeber zu bewerten – stets Bedacht darauf nehmen, was Sie behaupten und wie Sie es formulieren. Das Internet vergisst nicht. Kurz und knapp kann also zusammengefasst werden:
- Nehmen Sie nicht jede Bewertung für bare Münze.
- Fokussieren Sie sich auf Bewertungen mit inhaltlicher Substanz und sachlicher Aussagekraft.
- Anhand der Art und Weise der Formulierung können Sie erkennen, ob jemand einfach nur Frust loswerden möchte oder ob es sich um seriöse Arbeitgeberbewertungen im Internet handelt.
- Phasen der positiven und negativen Bewertungswellen lassen darauf schließen, dass unternehmensintern versucht wird, die öffentliche Meinung als besser darzulegen.
- Immer bedenken: Gute Bewertungen können Fakes oder gekauft sein, schlechte Bewertungen kann man als Firma mitunter entfernen lassen.
- Dauerhafte Großschreibung, Superlative und viele Rufzeichen sind Anzeichen für überdurchschnittliche Emotionalität. Nehmen Sie solche Kommentare nicht zu ernst.
- Die Meinung anderer darf bei Ihrer Entscheidungsfindung nicht die oberste Priorität haben – Sie müssen schlussendlich mit Ihrer Entscheidung leben; nicht derjenige, der die Arbeitgeberbewertung abgegeben hat.