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Zwischenzeugnis anfordern: Diese Gründe können Sie nennen

Zeugnisse benoten oder beschreiben die Leistungen einer Person. Am Ende eines Schuljahres oder eines Arbeitsverhältnisses erfolgen Zeugnis-Erteilungen meist automatisch. Selbst bei einer fristlosen Kündigung darf kein Arbeitgeber einen ehemaligen Mitarbeiter ohne Zeugnis in die Arbeitssuche entlassen. Anders ist es jedoch mit einem Zwischenzeugnis. Um ein Zwischenzeugnis anfordern zu können, bedarf es triftiger Gründe.

Was ist ein Zwischenzeugnis?

Ein Zwischenzeugnis ist ein Arbeitszeugnis. Dieses bewertet die bis dahin geleistete Tätigkeit für das Unternehmen aus Sicht einer oder eines Vorgesetzten. Im Unterschied zum Arbeitszeugnis, das am Ende einer Tätigkeit für ein Unternehmen steht, darf ein Zwischenzeugnis auch während einer Anstellung angefordert oder angeboten werden. Es sollte sich in jedem Fall um ein qualifiziertes Zeugnis mit hoher Aussagekraft handeln. Dafür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.

Grundsätzlich sind Zwischenzeugnisse bei Arbeitgebern nicht sehr beliebt. Unzufriedene Angestellte könnten sie nutzen, um sich anderweitig zu bewerben. Zudem besteht kein gesetzlicher Anspruch darauf, eine Beurteilung oder ein Zeugnis zu erbitten, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Als triftige Gründe, wegen derer Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis anfordern dürfen, gelten im Allgemeinen die Folgenden:

  • das Arbeitsverhältnis endet demnächst
  • ein Konkurrent übernimmt das Unternehmen
  • jemand wird innerhalb des Unternehmens befördert
  • der direkte Vorgesetzte verlässt das Unternehmen
  • jemand steht vor einer betriebsinternen Versetzung
  • der Arbeitgeber plant einen Stellenabbau oder ist insolvent
  • jemand möchte eine längere Auszeit vom Beruf nehmen (z. B. Elternzeit)
  • Arbeitnehmer werden zu einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt abkommandiert
  • jemand ist zwar seit Jahren im Unternehmen beschäftigt, hat aber nie ein Zeugnis erhalten

Was ist der Unterschied zum normalen Arbeitszeugnis?

Das normale Arbeitszeugnis stellt eine Bewertung bisheriger Leistungen dar. Es schildert zudem den Werdegang eines Arbeitnehmers im Unternehmen. Die Formulierungen in beiden Zeugnisarten sind identisch. Zwischenzeugnisse können aber kürzer ausfallen.

Zeugnisse können zunächst einmal wörtlich genommen werden. Zwischen den Zeilen werden jedoch durch bestimmte Formulierungen Schwächen bei den erwartbaren Leistungen oder den Eigenschaften eines Arbeitnehmers angedeutet. Während jemand ein Zwischenzeugnis nur aus bestimmten Gründen, wie einem Vorgesetztenwechsel, anfordern darf, besteht ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses, wenn das Arbeitsverhältnis endet oder von einer Seite beendet wird.

Zudem darf das Zwischenzeugnis dem Arbeitnehmer nicht schaden. Es muss von Wohlwollen und Sachlichkeit getragen werden. Gleichwohl darf ein Arbeitgeber durch bestimmte Formulierungen signalisieren, dass er mit bestimmten Leistungen oder Verhaltensweisen nicht zufrieden war.

Wann können oder sollten Sie ein Zwischenzeugnis anfordern?

1. Vorgesetztenwechsel

Wenn demnächst ein Vorgesetztenwechsel ansteht, kann es sein, dass Ihr Vorgesetzter Ihnen die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses anbietet. In solchen Fällen sollten Mitarbeitende aber auch von sich aus daran denken, dass sie ein Zwischenzeugnis anfordern dürfen. Es spielt keine Rolle, ob Teamleiter oder Abteilungsleiter das Unternehmen verlassen. Alle Mitarbeitenden aus der Abteilung, die der Vorgesetzte unter sich hatte, dürfen ein Zwischenzeugnis anfordern.

2. Betriebsinterne Versetzung

Ein weiterer Grund, aus dem jemand ein Zwischenzeugnis anfordern sollte, ist eine interne Versetzung. Oftmals erfolgt diese aus betrieblichen Gründen, beispielsweise wegen einer Umstrukturierung. Versetzungen stellen aber nicht unbedingt eine Beförderung dar. In anderen Fällen ersucht jemand um Versetzung in eine andere Abteilung. Auch in diesem Fall ist ein Zwischenzeugnis sinnvoll. Es dokumentiert die Leistungen in der bisherigen Abteilung.

3. Der Wunsch nach einer längeren Auszeit

Wenn jemand in einem großen Unternehmen Elternzeit, Pflegezeit oder ein Sabbatical plant, darf er ein Zwischenzeugnis über die bisherigen Tätigkeiten und Leistungen für das Unternehmen anfordern. Der Arbeitnehmer muss aber damit rechnen, dass er nach seiner Rückkehr an einem anderen Arbeitsplatz tätig werden soll.

Ein Anspruch auf denselben Arbeitsplatz oder dieselbe Tätigkeit besteht meist nicht. In der Zwischenzeit haben womöglich andere diese Arbeit übernommen. Eventuell musste der Arbeitgeber eine Neueinstellung vornehmen. Diese wird nicht immer befristet.

4. Ein Angestellter plant, sich anderweitig zu bewerben

Ein Zwischenzeugnis sollten Mitarbeitende auch anfordern, wenn sie sich anderweitig bewerben möchten. Ob die geplante Bewerbung auf Unzufriedenheit, mangelnde Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten, chronische Überlastung oder betriebsinterne Umstrukturierungen zurückzuführen ist, ist erst einmal nebensächlich. Ein Zwischenzeugnis wäre für die Bewerbungen hilfreich. Dass ein Arbeitnehmer sich vorzeitig wegen seines geplanten Vorhabens einer Bewerbung outen möchte, ist aber nicht immer gesagt.

Möglicherweise sollten Kündigungswillige abwarten, bis ein triftiger Grund ihnen ermöglicht, ein Zwischenzeugnis anzufordern, ohne Verdacht zu erregen. Eine ohne triftigen Grund geplante Bewerbung stellt an sich keinen Anspruch auf Ausstellung eines Zwischenzeugnisses dar. Anders ist es jedoch, wenn betriebliche Kündigungen geplant sind oder bereits ein Auflösungsvertrag von einem Arbeitnehmer unterschrieben wurde. In diesen Fällen darf der Betroffene ein Zeugnis anfordern.

5. Insolvenz des Arbeitgebers

Droht eine Insolvenz oder es gibt bereits Gespräche mit anderen Unternehmen über eine eventuelle Übernahme, darf ein Arbeitnehmer um ein Zwischenzeugnis bitten. In diesem Fall ist es sinnvoll, dass er damit beginnt, Bewerbungen für andere Unternehmen aufzusetzen. Mit der drohenden Insolvenz läge ein triftiger Grund vor.

Selbst wenn das Unternehmen doch noch gerettet werden könnte, müsste der betroffene Unternehmer mit Abgängen unter seinen Mitarbeitern rechnen. Er darf ihnen das gewünschte Arbeitszeugnis nicht verweigern, um sie zu halten.

Wie fordern Sie ein Zwischenzeugnis an?

Wenn jemand ein Zwischenzeugnis anfordern möchte, ist sein direkter Vorgesetzter der richtige Ansprechpartner. Um eine Beurteilung verfassen zu können, sollte dieser die Arbeitsleistung des Mitarbeiters aus eigener Anschauung kennen. Möglich ist aber auch, dass der Vorgesetzte eine Teamleitung bittet, die Arbeitsleistung des Betreffenden zu beurteilen und ihm dann seine Beurteilung zur Unterschrift vorzulegen.

Wenn jemand wegen einer geplanten Bewerbung ein Zwischenzeugnis anfordern möchte, sollte ihm klar sein, dass er dafür einen triftigen Grund angeben muss. Oft wird die Bitte nach einer Zwischenbewertung den Verdacht wecken, dass jemand kündigen möchte. Ob jemand den Grund für diese Bitte ehrlich benennen möchte, liegt im eigenen Ermessensspielraum.

Sofern jedoch ein berechtigtes Interesse für diese Bitte vorliegt, kann dem Wunsch sicher entsprochen werden. Wer das Zwischenzeugnis beispielsweise als Grundlage für eine Bewerbung anfordern möchte, könnte in einem vertraulichen Gespräch mit einem oder einer Vorgesetzten seinen Grund für diese Entscheidung äußern. Stellen Mobbing oder sexuelle Belästigungen Kündigungsgründe dar, müsste der Arbeitgeber an sich handeln.

Um eine Kündigung anzuwenden, könnte er dem Mitarbeiter eine firmeninterne Versetzung anbieten. Vermutlich würde eine Klage in dieser Richtung einen triftigen Grund dafür darstellen, die bisherigen Arbeitsleistungen in einem Zwischenzeugnis zu beschreiben. Jeder Fall ist anders gelagert. Grundsätzlich besteht jedoch ohne triftigen Anlass kein Anspruch, zwischendurch eine Bewertung der Arbeitsleistung vornehmen zu lassen.

Die Ausstellung eines Zeugnisses zwischendurch bedarf immer einer guten Begründung. Möchten Sie Bewerbungen schreiben, ohne dass Sie ein Zwischenzeugnis anfordern, genügen manchmal auch Referenzen. Ansonsten sind Zeitpunkt und Ort für ein direktes Gespräch zum Thema mit Bedacht zu wählen. Es sollte auf jeden Fall kein Hindernis in der Jobsuche darstellen. Auf unserer Plattform jobs.aachener-zeitung.de finden Sie eine Vielfalt an Stellenangeboten und Jobs, die zu Ihnen passen.