Weiterbildungen im Lebenslauf: Joker oder Ausschlusskriterium?
Die Bildungslandschaft war noch nie so vielfältig wie in unserer heutigen Zeit. Kritisch betrachtet könnte sich auch der Vergleich mit einem undurchdringbaren Dschungel aufdrängen. Der Grund: Die Bereiche Fort- und Weiterbildung sind schon längst nicht nur mehr in staatlicher Hand. Private Hochschulen und Akademien bieten ihre Dienste ebenso feil wie zahlreiche Fernuniversitäten und andere tertiäre Bildungseinrichtungen.
Einen Qualitätsstandard gibt es jenseits der klassischen akademischen Weiterbildungen allerdings nicht. Nicht jeder Lehrgang hat den Absolventen tatsächlich etwas Nützliches gelehrt, nicht jedes Fernstudium kann inhaltlich mit jenem an einer renommierten Universität oder Fachhochschule mithalten. Die gute Nachricht: Auch die HR-Entscheidungsträger haben spontan keine direkte Assoziation mit jenen Stufen im Lebenslauf, die man auf der Suche nach bestmöglicher beruflicher Weiterbildung mühsam erklommen hat. So manches teure Wochenendseminar lässt sich verbal durchaus ein wenig gewinnbringend aufhübschen, ohne dass man gleich falsche Tatsachen vorspiegeln muss.
Pimp my CV: Mittels Zusatzqualifikationen Lebenslauf aufwerten
Der Lebenslauf sollte idealerweise möglichst nahe an der Realität gehalten sein. Gleichzeitig empfiehlt es sich, ihn auf jede Bewerbung und ihr Anforderungsprofil individuell zuzuschneiden. Diese Mühe lohnt sich durchaus. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit enorm, aus einer Vielzahl von Bewerbungen hervorzustechen und in die engere Wahl befördert zu werden. Beinahe traditionell wird dabei zum Beispiel von jeher großer Wert auf ehrenamtliche Tätigkeiten gelegt. Solche Engagements attestieren den Bewerbern und Bewerberinnen hohe Sozialkompetenz und ein entsprechendes Moral- und Werteverständnis. Die Chancen, damit immer noch zu punkten, liegen inzwischen bei 50 zu 50. Ehrenamt kann − je nach Tätigkeit − auch immer wiederkehrende Abwesenheit vom Arbeitsplatz bedeuten. Unfälle, Notfälle oder Brandeinsätze halten sich selten an die reguläre Wochenarbeitszeit. Trotzdem gilt: Sämtliche Kurse, Seminare, Trainings oder Workshops, die mit einem Zertifikat belegt werden können, sollten unbedingt mit hinein in den Lebenslauf.
Wenn das Thema allzu weit weg vom aktuellen Jobprofil ist: kreativ werden! Ein Wochenendeseminar zum Thema Yoga und Selbstfindung kann durchaus mit „Persönlichkeitstraining“ oder „Stärkung der Mental-Kompetenz“ geschickt umschrieben werden. Wer als Elternteil an der Schülerzeitung oder dem Vereinsblatt mitarbeitet, kann sich auch getrost am Fachjargon bedienen. „Redaktionelle Mitarbeit“ klingt gleich viel besser. Im Lebenslauf darf nicht gelogen werden. Verbales Tuning und kosmetische Eingriffe sind zur Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit aber durchaus üblich und erlaubt.
Kompetenz auf einen Blick: Weiterbildungen im Lebenslauf strategisch positionieren
Die meisten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sind nicht nur zeitintensiv, sondern auch teuer. Wenn man sie nicht gerade mit Hilfe der Steuererklärung absetzen kann, sind es oft Kosten, die nicht wieder eingespielt werden können. Umso mehr sollte man unbedingt darauf achten, sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit strategisch günstig ins rechte Licht zu rücken. Damit ist übrigens nicht gemeint, das Gegenüber zu blenden. Spätestens in Runde zwei − dem Bewerbungsgespräch − müssen ohnehin die Karten auf den Tisch gelegt werden.
Gegen geschicktes Eigenmarketing spricht jedoch nichts. Erste Möglichkeit dafür ist bereits das Motivationsschreiben. Es ist inzwischen fixer Bestandteil von Bewerbungsunterlagen und wird meist auch als primäres Knock-out-Kriterium gesehen. Die wichtigsten Stationen der Aus-, Fort- und Weiterbildung hier gleich prominent und optisch ansprechend hervorzuheben, ist schon ein erster guter Schritt.
In der (tabellarischen) Übersicht des CV kann das ebenfalls sinnvoll sein. Die meisten HR-Entscheidungsträger sind froh, wenn man ihnen die wichtigsten Informationen auf dem Silbertablett serviert, schließlich gibt es nicht nur eine Bewerbung zu prüfen. Dem Lebenslauf Fortbildungen anzudichten, die niemals stattgefunden haben, ist übrigens nicht nur moralisch verwerflich und ein absolutes No-Go. Solche Lügen haben auch in der Arbeitswelt nur ausgesprochen kurze Beine. Spätestens beim Job-Interview wird die Märchenstunde dem Augenblick der Wahrheit weichen müssen. Im Endeffekt verschwendet man dieserart Zeit und Ressourcen auf beiden Seiten, womit niemandem gedient ist.
Ja, ich will! Oder: Wie im Lebenslauf Weiterbildung zum Programm wird
Der Trend zum lebenslangen Lernen ist keine Erfindung von Bildungspolitik oder kreativen Personalentwickler. Nie war das Berufsleben schnelllebiger als in unserem heutigen Zeitalter der digitalen Kommunikation und Globalisierung. Wer hier nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit − und zwar für immer. Es schadet daher nicht, die hohe Eigenmotivation in Sachen Fort- und Weiterbildungen im Lebenslauf herauszustreichen.
Wirtschaftsforschungsagenturen attestieren aber auch Betrieben eine höhere Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt, die ihren Beschäftigten die Möglichkeit zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung bieten. Innerbetriebliche Bildungsangebote sind inzwischen klar ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur, von dem letztendlich alle Beteiligten nur profitieren können. In den Bewerbungsunterlagen also gleich vorab zu signalisieren, dass man bildungshungrig und lernwillig ist, kann nur von Vorteil sein. Diesen Grundgedanken und diese Einstellung finden auch Unternehmen grundsätzlich gut, egal ob sie dieses Potenzial dann später auch zu nutzen wissen oder nicht.
Weiterbildungen im Lebenslauf: Freund oder Feind?
Leider kann der persönliche Wissensdurst gelegentlich zur beruflichen Durststrecke werden. Menschen, die privat sehr vielseitig interessiert sind, erwecken so auf dem Papier leider oft den Eindruck, unschlüssig und nicht ausreichend fokussiert zu sein. So sehr Unternehmen im echten Leben von Universaltalenten als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen profitieren würden: Im Lebenslauf wirken übermäßig viele (verschiedene) Bildungsstationen tatsächlich ein wenig planlos. Hier ist Mut zur Lücke gefragt, allerdings nur, wenn dadurch keine zeitliche Diskrepanz im CV entsteht. Sonst kann es im Bewerbungsgespräch erst recht zu unangenehmen Fragen kommen. Wer sich nicht sicher ist, lässt Außenstehende einen kritischen Blick auf die angeführten Weiterbildungen im Lebenslauf werfen. Wenn es spontan nach „zu viel des Guten“ aussieht, ist es das wahrscheinlich auch.
Geschenkverpackung versus Mogelpackung
Es gibt neben der Bewerbung um einen neuen Job nur zwei andere Bereiche des Lebens, in denen uns Lügen und Halbwahrheiten noch leichter und zahlreicher von der Zunge gehen: beim Arzt und beim Online-Dating. Für alle drei Bereiche gilt dasselbe: Früher oder später kommt die Wahrheit ans Licht. In der Zwischenzeit hat man Zeit und Ressourcen unnötig vergeudet, auch die eigenen.
Dennoch spricht nichts dagegen, bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen die eigenen Stärken und Fähigkeiten ins bestmögliche Licht zu rücken und berufliche Weiterbildungen im Lebenslauf anzugeben. Tiefstapeln und falsche Bescheidenheit sind dabei mindestens genauso fehl am Platz wie das Gegenteil. Vergleicht man den persönlichen Lebenslauf mit der Bilanz eines Unternehmens, so wird der feine Unterschied zwischen Bilanzkosmetik und Bilanzfälschung spätestens beim Blick ins Strafgesetzbuch deutlich.